Weiterer Ausbau und Krise

Die gelungene Ausrichtung des VI. Gauturnfestes und des Gauturntages hatte das Selbstbewußtsein des jungen Kollnau-er Turnvereins gestärkt. Von tüchtigen Turnwarten trainiert, beteiligten sich die Turner in den folgenden Jahren an allen Gau- und Bezirksturnfesten.

Zu einem unvergeßlichen Erlebnis für die Kollnauer Teilneh­mer wurde das 5. Oberrheinische Kreisturnfest vom 5. bis 7. August 1893 in Freiburg. Daran beteiligten sich rund 3000 Turner mit über 90 Fahnen. Es zeigte sich im Verlaufe dieses Turnfestes, daß der TV Kollnau den Stadtvereinen in seinen Leistungen nicht nachstand.

Immer wieder wurde die Mannschaft der Turner durch den Ein­zug von Aktiven zum Wehrdienst gezwungen, große Lücken auffüllen oder zu überbrücken.

Weil im November 1892 gleich drei Turnbrüder eingezogen wurden, beschloß der Turnrat, erstmals eine Fotografie der Mitglieder machen zu lassen und den Auftrag an den Fotograf Ramer zu geben. Wiederum unter Mitwirkung des Gesangver­eins und der Musikkapelle wurde den drei Turnern am 6. No­vember ein rauschender Abschied bereitet. Die Verabschie­dung der Rekruten wurde bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges beibehalten, wenn es auch nicht mehr so hoch herging und der Abschied in der Form eines Rekrutentanzkränzchers stattfand.

Als der erste Vorstand Georg Donner im Januar 1897 die Le-tung des Turnvereins Kollnau endgültig niederlegte, übernahrr der erste langjährige Turnwart und zweiter Vorstand Heinrich Weiß das Amt des ersten Vorstandes voller Zuversicht. So be­schloß der Turnrat im November des gleichen Jahres, nebe" der bisherigen Turnmannschaft eine Männerriege ins Leber zu rufen. Ihr sollten junge Männer beitreten können, die „das 22. Lebensjahr zurückgelegt haben und einen ehrenhafter Charakter besitzen". Als ihr Turnwart stellte sich Heinrich Weiß selbst zur Verfügung.

Offensichtlich kam aber diese Männerriege nicht zustande, vielmehr stand dem Verein im folgenden Jahr eine handfeste Krise ins Haus. Der Grund war das Fehlen einer tauglicher Übungsmöglichkeit während des Winterhalbjahres.

Im Protokoll der Monatsversammlung vom 1. Oktober 1898 is: zu lesen: „Da unser Verein nicht in der Lage ist, eine eigene Turnhalle zu besitzen, und wir immer gezwungen waren, von einem Wirtslokal in das andere zu ziehen, haben wir nun auch unsere letzte Stätte tüchtigen Strebens und ehernen Fleißes verlassen müssen und stehen heute fast obdachlos da. Die Kräfte des Vereins sind zu schwach, ein eigenes Heim grün­den zu können. So wurde nun beschlossen unser wertes Ehrenmitglied Herrn A. Jeanmaire um Rat zu fragen, ob der Verein weiter existieren soll, oder uns ein Turnplatz, wo wir ungehindert turnen können, zugesichert wird".

Selbst wenn man der pathetischen Redewendung über die weitere Existenz des Turnvereins Rechnung trägt, ist die große Sorge um den Weiterbestand des Vereins ebenso aus der Nie­derschrift herauszuhören wie der dringende Ruf nach einer Turnhalle, aber dieser Ruf schien ohne Widerhall bleiben zu müssen.